Sky-Experte Sören Gonther im Interview: „Schalke steigt direkt wieder in die Bundesliga auf“

Am Freitag (ab 20.30 Uhr, live auf Sky) startet die 2. Bundesliga in die neue Saison. Sören Gonther hat als Fußball-Profi knapp 300 Spiele in der 2. Bundesliga absolviert, unter anderem für St. Pauli, Dynamo Dresden und Erzgebirge Aue. Jetzt analysiert er als TV-Experte immer freitags die Spiele für Sky. Mit gestreamt.de hat Sören Gonther unter anderem über seine Aufstiegsfavoriten gesprochen und erklärt, warum sein neuer Job manchmal ein Spagat zwischen Freundschaft und Business ist.

Sören, am Freitag startet die 2. Bundesliga in die neue Saison. Welche 3 Teams spielen deiner Meinung nach um den Aufstieg mit?

Ich sehe am letzten Spieltag Schalke auf Platz 1, St. Pauli auf Platz 2 und Hannover 96 auf Platz 3. Schalke hat einfach richtig gute Transfers gemacht. St. Pauli wird den guten Lauf aus der Rückrunde der letzten Saison mit nehmen, ist sehr stabil und verteidigt überragend. Außerdem haben sie sich im Sommer nochmal gut verstärkt. Deswegen sehe ich die beiden Mannschaften ganz vorne. Hannover 04 hat mit Marcel Halstenberg einen Top-Transfer gemacht, Brooklyn Ezeh hat auch sehr viel Potential genauso wie Max Christiansen. Dazu ist Stefan Leitl aus meiner Sicht ein Top Trainer. Wenn sie jetzt noch einen guten Stürmer holen, dann haben sie auf jeden Fall das Zeug für die Top 3.

Und was ist mit dem zweiten Bundesliga-Absteiger, Hertha BSC?

Das ist für mich eine komplette Wundertüte. Da ist so viel Chaos drin. Es erinnert mich so ein bisschen an Werder Bremen in der letzten Saison, die ja die Kurve dann noch gekriegt haben. Allerdings hatten die mit Marvin Duksch und Niclas Füllkrug auch zwei überragende Stürmer im Team. Also ich glaube, bei Hertha wird man diesen ganzen Trubel nicht ausblenden können. Deswegen werden sie wohl eher erstmal Probleme haben jetzt in der 2. Bundesliga nicht unterzugehen anstatt direkt wieder aufzusteigen.

Wo siehst du die drei Aufsteiger aus der 3. Liga – Wehen Wiesbaden, SV Elversberg und den VfL Osnabrück?

Also für Wehen Wiesbaden wird’s schwer. Wenn jetzt auch noch Benedict Hollerbach gehen sollte, gehören sie für mich leider zu den Abstiegskandidaten. Elversberg hat in der letzten Saison tollen Fußball gespielt und sich im Sommer gut verstärkt. Ich traue ihnen zu, dass sie sich in der Liga behaupten, auch wenn’s schwer wird. Dasselbe gilt für Osnabrück, die auch zwei Stammspieler verloren haben und sich an die 2. Bundesliga erstmal wieder gewöhnen müssen. Die Bremer Brücke ist sicherlich ein Faustpfand. Aber alle drei Aufsteiger werden es schwer haben.

Du bist seit Herbst letzten Jahres Experte bei Sky. Dabei bist du damals eigentlich nur für Torsten Mattuschka eingesprungen, richtig?

Ja, es war tatsächlich so, dass ich für Tusche eingesprungen bin. Mein Auftritt als Experte lief dann nicht so schlecht, ich habe sehr viel positives Feedback bekommen. Im Winter hat mir der Chef von Sky dann gesagt, dass sie neben Tusche sowieso einen zweiten Experten für die 2. Bundesliga suchen und er sich das mit mir gut vorstellen könnte. Und so sind wir dann zusammen gekommen. 

Wie fällt dein Resümee aus nach dem ersten halben Jahr als TV-Experte?

Es macht mir großen Spaß, ich bin immer am Freitagabend als Sky-Experte für die 2. Bundesliga gesetzt. Sky ist auch sehr happy mit mir. Also eine klassische Win-Win-Situation. Deswegen haben wir den Vertrag jetzt gerade um zwei Jahre verlängert.

Glückwunsch! Wie läuft denn so ein Tag als Experte bei Sky ab?

In der Woche bespreche ich mit dem Sendungsleiter schon mal den Ablauf und wir überlegen gemeinsam, welche Informationen wir vielleicht bis zum Spieltag noch brauchen. Am Tag selbst ist es so, dass ich ca. drei bis vier Stunden vor Beginn der Sendung im Studio oder im Stadion bin. Dann geht’s erstmal in die Maske und zur Probe. Und dann geht’s los. Im Studio schauen wir auf gefühlt 500 Monitoren die Spiele an. Da kommt natürlich unheimlich viel Input und du weißt ja vorher auch nie, was passieren wird. Das Aufstiegsspiel von Darmstadt ist ein gutes Beispiel, das war bis zum Schluss eng. Und wir wussten bis zum Abpfiff nicht, ob es nun klappt mit dem Aufstieg oder nicht. Dann musst du improvisieren und die Stimmung einfach aufsaugen. Aber das macht mir am Ende sogar mehr Spaß als wenn alles vorbereitet ist.  

Wie bereitest du dich vor?

Ich lese sehr viel über die 2. Bundesliga und schaue natürlich auch unheimlich viele Spiele. Dann gehe ich unter der Woche nochmal meine Kontakte aus den Mannschaften durch und spreche mit den Jungs. Und ansonsten tauschen wir uns natürlich auch im Team viel aus.

Erzählen dir die Jungs denn überhaupt noch was, seit sie wissen, dass du beim TV arbeitest?

Sie sind tatsächlich etwas vorsichtiger geworden. Da kommt dann oft als erstes die Frage: „Gonni, fragst du als Freund oder als Experte?“. Ich muss schon schauen, was ist vertraulich und was nicht. Was darf ich im TV sagen, was nicht? Ich versuche natürlich, dem Zuschauer so viele Infos an die Hand zu geben wie möglich. Aber ja, manchmal verraten mir die Jungs natürlich auch Dinge, die niemanden was angehen. Die sind dann aber trotzdem wichtig für den Hinterkopf, damit ich gewisse Sachen richtig beurteilen kann.

Wie ist das mit Kritik? Wie weit gehst du da, gerade wenn du den Spieler privat auch gut kennst?

Das ist echt ein schmaler Grad. Die Dinge, die passieren, also auch die Fehler, muss ich natürlich ehrlich bewerten. Ich versuche trotzdem, keinen Spieler komplett in die Pfanne zu hauen. Ich war selbst auch Spieler und weiß, wie sich das anfühlt, wenn du mal einen schlechten Tag hast und dann nieder gemacht wirst. Also Kritik gehört dazu, damit muss man umgehen können, aber eben sachlich und im Rahmen.

Als Experte führst du auch oft die Interviews nach dem Spiel. Gibt’s da Fragen, die du als Spieler gehasst hast und jetzt vermeidest?

Ja, die gibt es. Die Klassiker „Woran hat’s gelegen?“ oder „Sind Sie enttäuscht?“ zum Beispiel. Diese Fragen fand ich als Spieler immer plump und es ist klar, dass ich die als Experte so nicht stelle. Ich versuche dann immer meine Antennen auszufahren, mich in die Jungs rein zu fühlen und mir diese Standard-Floskeln zu sparen. Da hilft mir meine Sicht als Ex-Spieler zu 100 Prozent.

Lass uns mal über das Thema Streaming sprechen. Wie hat das den Fußball aus deiner Sicht verändert?

Streaming gehört jetzt einfach dazu. Ich finde es prinzipiell super, dass man inzwischen von überall aus alles gucken kann. Was gar nicht geht ist, dass man dafür gefühlte 800 Anbieter braucht. Da bin ich auch ganz ehrlich. Diese ganzen Abos, die man abschließen muss, um Fußball zu schauen, das ist schon Wahnsinn. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie sich das weiter entwickelt.

Neben deinem Job bei Sky arbeitest du jetzt als Sportchef bei Hessen Kassel, hast vier Kinder und baust ein Haus. Wie packst du das alles in 24 Stunden?

Ja, frag mal meine Frau Johanna. Die hat’s echt nicht leicht im Moment. Wir ziehen im August um von Dresden nach Kassel, sodass zumindest die Pendelei entfällt. So kann ich morgens und abends zuhause bei meiner Familie sein. Wenn der Hausbau erledigt ist, mache ich drei Kreuze. Prinzipiell habe ich ja sowieso keinen klassischen Bürojob und kann von überall aus arbeiten. Aber klar, ich bin dauerhaft unter Strom. Und mit vier Kindern ist klassische Erholung natürlich auch nicht drin. Aber die holen mich auf ne andere Art immer wieder runter.

Danke Sören Gonther für das Interview.
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